Lutz: „Aussehen und Erfolg sind meine stärksten Argumente“

82 Teilnehmer aus 18 Nationen sorgten beim Pringles Kitesurf World Cup Fehmarn, die größte Kitesurf-Veranstaltung der Welt für internationales Flair und kulturelle Vielfalt am Südstrand. Auch Sabrina Lutz war dabei: Die zierliche 27-Jährige aus Hamburg ist mit Abstand die beste deutsche Kitesurferin. Im Interview spricht sie über ihren Alltag zwischen Büro und Meer, eine eigene Kollektion, Angebote vom Playboy und die richtige Ernährung.

Bild: Sabrina Lutz am Südstrand auf Fehmarn. Photo: Joern Pollex/HochZwei

Was geht dir durch den Kopf, kurz bevor du zu einem Sprung auf dem Wasser ansetzt?

Ich singe laut während ich darauf warte, im Wettkampf an der Reihe zu sein und meinen Trick zeigen zu dürfen. Meistens sind das Lieder aus den Charts, aktuell zum Beispiel „Bonfire“ von Felix Jaehn. Es können aber auch Klassiker oder Kinderlieder sein. Die Sprünge im Freestyle sind nicht immer ungefährlich.

Würdest du dich als Draufgängerin bezeichnen?

Auf dem Wasser definitiv. An Land bevorzuge ich Sicherheit. Direkt nach meinem Abitur hätte ich ein Jahr lang rund um die Welt reisen, trainieren und an Wettkämpfen teilnehmen können. Ich entschied mich damals aber für ein Studium, weil ich nicht alles auf die Karte Kitesurfen setzen wollte. Mit einer schweren Verletzung ist die Karriere schnell beendet.

Was hast du studiert?

Ich bin fasziniert von Mode. Meinen Studiengang Fashion- und Textilmanagement habe ich mit einem Diplom abgeschlossen, danach wollte ich im Sport-Bereich arbeiten. Doch der Markt ist momentan zu voll, es gibt zu viele Marken, die aus dem Boden schießen. Das Angebot ist zu groß. Trotzdem träume ich davon, irgendwann ein eigenes Label zu gründen und Kleidung für Wassersportler herzustellen. Wie würdest du deinen Stil beschreiben? Meine Kleidung in der Stadt würde ich als feminin und schick beschreiben, während ich am Strand lockere Klamotten und Caps bevorzuge. Dabei brauche ich keine teuren Marken.

Wie ist deine aktuelle berufliche Situation?

Im Februar 2015 bekam ich die Möglichkeit, eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten zu beginnen. Ich jobbte bereits vorher in dem Büro, und die Arbeit macht mir viel Spaß. Meine Arbeitskollegen finden die Sportart interessant, aber können wie die meisten Mitmenschen nicht ganz nachvollziehen, dass ich so viel unterwegs bin. Ich werde oft gefragt: „Wie, du bist am Wochenende schon wieder am Meer?“ Wie passen ein zeitaufwändiger Sport und eine feste Arbeitsstelle zusammen? Bislang sehr gut, immerhin konnte ich diesen Sommer meinen neunten Deutschen Meistertitel im Kitesurfen gewinnen. Im Alltag bleibt durch die Arbeit weniger Zeit für den Sport, ins Fitnessstudio schaffe ich es meistens nicht mehr. Dafür gehe ich nach Feierabend Joggen und mache verschiedene Übungen, zum Beispiel arbeite ich mit Kugelhanteln. Einen eigenen Trainer habe ich nicht, die Trainingspläne schreibe ich selbst. Als Kitesurferin ist man schon eine kleine Ich-AG.

Fließt ein Großteil deines Gehalts direkt in den Sport?

Mit dem Einkommen kann ich meine Leidenschaft jetzt eigenständig finanzieren. Bislang war mein Vater immer mein größter Sponsor, aber man möchte sich natürlich irgendwann davon lösen. In einer Randsportart wie dem Kitesurfen ist die Suche nach Unterstützung sehr schwer.

Wie sprichst du Unternehmen an?

Bis vor eineinhalb Jahren kümmerte sich ein Manager für mich darum und ist an Unternehmen herangetreten. Mittlerweile suche ich wieder persönlich nach Sponsoren, weil er sich auf den Boxsport spezialisiert hat. Dafür schicke ich ein Portfolio mit vielen Bildern an die Firmen. Meine stärksten Argumente sind mein Aussehen und natürlich der sportliche Erfolg.

Meldete sich auch der Playboy schon bei dir?

Vor einigen Jahren wurde ich einmal angesprochen, kurz nachdem die Kitesurferin Kristin Boese vom Playboy abgelichtet wurde. Mit einem Bikini trage ich am Strand zwar auch nicht viel Stoff – aber ganz ausziehen würde ich mich nicht für einen Fotografen.

Wie ernährst du dich bei Veranstaltungen, um deine Figur zu behalten?

Ich liebe es, abends zu grillen. Gerne nehme ich mageres Hähnchen-Fleisch, Maiskolben und etwas Salat. Ich achte immer darauf, mich sehr gesund zu ernähren. Das lebten mir meine Eltern zum Glück auch immer vor.

Und wenn der Grill ausbleibt?

Ich besitze einen Bulli, mit dem ich in der Regel zum Training und den Wettkämpfen fahre. Darin ist eine kleine Kochecke mit einer Kühlbox, einer kleinen Spüle und einem Gaskocher eingebaut. So kann ich mir mein Essen wie zuhause zubereiten und muss meine Ernährung nicht umstellen. Vor der Abfahrt kaufe ich in Hamburg alles ein, die meisten Zutaten kommen aus der Bio-Abteilung.

Was ist dein Leibgericht?

Ich esse gerne scharf. Dafür kaufe ich frische Chili beim Kleinhändler und koche damit Pasta-Gerichte mit Vollkornnudeln oder eine Reispfanne mit Gemüse. Das kann man auch super im Bulli vorbereiten.

Du erfüllst also das Klischee der Surferin, die mit dem Bulli auf der Jagd nach Wind an die See fährt?

Dieses Vorurteil stimmt. Ich liebe die Freiheit, am Wochenende einfach loszufahren und da zu schlafen, wo der beste Wind vorausgesagt wird. Während des Kitesurf World Cup schlafe ich im Wohnmobil meiner Eltern, das ist für einen Zeitraum von zehn Tagen komfortabler und luxuriöser als ein Bus.

Was darf bei deinen Wettkämpfen nie fehlen?

Auf drei Sachen kann ich nicht verzichten: Meine Sonnenbrillen, Menschen um mich herum, die ich liebe, und natürlich meinen Glücksbringer. Das ist eine kleine Stofftier-Schildkröte, die mir mein Freund geschenkt hat und mich bei jeder Reise begleitet.

Wer drückt dir am Strand die Daumen, wenn du auf dem Wasser bist?

Mein Freund und meine Eltern sind oft bei Veranstaltungen vor Ort. Mein Vater und ich haben ein Ritual: Er umarmt mich vor meinem Start ganz fest und wünscht mir viel Erfolg. Ich bin gerne von meiner Familie umgeben, weil ich dann innerlich zur Ruhe komme.

Würdest du dich als Familienmensch bezeichnen?

Definitiv! Ich möchte auf jeden Fall eine Familie gründen und mindestens zwei Kinder bekommen. Noch bin ich in der Ausbildung und zu stark im Sport involviert, aber in drei bis vier Jahren kann ich mir das gut vorstellen.