Mini Paceman JCW: Der Geist von John Cooper

John Cooper ist ein stiller Held. Und das hat weniger damit zu tun, dass er nicht mehr unter uns ist. Vielmehr machte ihn sein Genie, zu Lebzeiten Rennwagen zu bauen, die Formel 1- Weltmeisterschaften gewannen, im Motorsport unsterblich.

Von Markus Boden  

Zur Legende wurde er endgültig, als er rollende Schuhkartons mit seiner Tuningkunst zu Helden der Landstraßen rund um Monte Carlo machte. Aus diesem Grund widmen wir John einen Mini, der seinen klangvollen Namen trägt - den John Cooper Works Paceman.  

Wieviel Works von J.C. steckt drin? Null. Zero. Niente. Nada. Seit dem Produktionsende von Coopers Pimpcar, dem Ur-Mini, das fast zeitgleich mit seinem Ableben anno 2000 einher ging, ist nichts mehr, wie es war. Das mag zwar ein Alptraum für unverbesserliche Nostalgiker sein, war aber gut so. 2001 stellte BMW den neuen Mini vor, der nicht nur optisch um Klassen besser war als die Knutschkugel vorher, sondern vor allem technisch endlich dem Stand neuester Automobiltechnik entsprach. Freie Übersetzungen, die etwa aus British Leyland ein spöttisches „British Elend“ machten, hatten plötzlich keine Argumente mehr. Der neue Mini, obwohl nach wie vor in England hergestellt, wurde und wird bis heute nach dem Prädikatssiegel „Made in Germany“ gebaut. Und John Cooper Works? Wurde von den BMW-Marketingstrategen als Synonym für PS-Stärke übernommen. Nicht mehr, nicht weniger. Soviel Nostalgie musste sein. Obwohl die “Works“ mit den Arbeiten von J.C. ungefähr soviel zu tun haben wie das Boote schnitzen mit Steinzeitmessern im High Tech-Yachtbau am Computer. Der Mini Cooper S von John Cooper brachte es Ende der 60-er Jahre auf 1071 Kubikzentimeter Hubraum, 70 PS und einer Höchstgeschwindigkeit von 148 km/h. Beim JWC Paceman reden wir von 1598 Kubik, 218 PS und 226 km/h. Noch Fragen?  

Was macht die Pace, Man? Wir kennen das Pacecar aus der Formel Eins. Pilot Bernd Mayländer bremst damit Vettel, Alonso, Hamilton & Co. ein, wenn ein Rennbolide blöd rumsteht oder abgefallene Fahrzeugteile auf der Strecke liegen. Pace steht für Geschwindigkeit. Und da sehen wir mal wieder, wie interpretationsfähig stehende Begriffe sind. Denn wenn du im Paceman sitzt, wird niemand eingebremst. Dann bestimmst allein du, wie flott es vorangeht. Dazu braucht es - dies muss dringend erwähnt werden - Selbstdisziplin und Charakter. Es sei denn, du hast noch reichlich Luft nach oben auf deinem Flensburger Konto. Wenn nicht, hast du ein Problem mit dem, was dir dein rechter Gasfuß und dem, was dir dein Hirn vermittelt. Einfacher ausgedrückt: Es macht brutal Spaß, das wichtigste Pedal bis zum Anschlag mit der Karosserie zu verschweißen. Das Teil, in dem du sitzt, nimmt den Asphalt unter dir dermaßen in Beschlag, dass du an Straßenschäden denkst. Und das Tier in dir ist hellwach, wenn du den Allradantrieb auf die feine Art ihren Dienst, bei dem sich 218 Pferdestärken mühelos koordinieren, tun lässt. John Cooper hätte es, ohne dass wir ihn dazu befragen konnten, gut geheißen.  

Macht Allrad happy? Einfache Frage, klare Antwort: Und wie! Sagt man schon dem Normal-Mini das Fahrfeeling eines Go Kart nach, sitzen wir nun in einem äußerst komfortablen Rennkart mit der kürzesten Verbindung von Lenkrad zur Straße. Dies spielt auf der Autobahn, wo der Tacho am Ende bei 230 km/h verharrt (226 sind es exakt) nicht die entscheidende Rolle. Wobei es schon beeindruckt, wie spurtreu das kleine Kraftpaket auf der Überholspur klebt. Aber nach dem ersten Ausritt auf der Landstraße hättet du nichts gegen einen kleinen Stau auf dem Highway, um den zügigst umfahren zu können. Take me home, country road! Das harte, straffe Fahrwerk verschiebt die Grenzen der physikalischen Fliehkräfte in Bereiche, in die du besser nicht vordringst. Und wenn dein Grinsen so breit wird, dass du eine Banane quer verspeisen könntest, dann hast du endlich die Taste „Sport“ in der Mittelkonsole entdeckt. Danach hängt der 1,6 Liter Turbo noch eine Spur giftiger am Gas und die Lenkung fühlt sich noch direkter an. Bremsen? Am liebsten gar nicht. Aber wenn’s schon sein muss, dann kneift der JCW Paceman die Backen auch in extremeren Situationen ziemlich energisch zu.  

Wollen wir den JWC Paceman? Das ist wie immer eine Frage der Ratio. Wollen Minimalisten sportlich und zügig von A nach B unterwegs sein, haben sie in der Mini-Großfamilie eine ganze Reihe von Alternativen. Alle Modelle jedoch, die den Geist der Arbeit von John Cooper atmen, sind die Sahnestücke auf der Mini-Torte. Es soll eine Menge Enthusiasten geben, bei denen der Funfaktor jenseits des bloßen Dahinrollens in ihrem automobilen Leben besonders ausgeprägt ist. Für all diejenigen wäre der JWC Paceman das geeignete Kleinmobil, so manchen PS-Protz auf Straßen mit vielen Windungen verzweifeln zu lassen. Wobei an diese Stelle die Frage gehört, ob ein wenig mehr Understatement angebracht wäre. Spoiler, Seitenschweller und 18-Zoll-Alufelgen machen sicherlich optisch etwas her, auch das tiefer gelegte Fahrwerk macht Sinn. Aber müssen die knalligen Rallyestreifen und die unterschiedliche Dachfarbe wirklich sein? Okay, das muss jeder für sich entscheiden. Es muss ja Raum für Sonderwünsche bleiben. Und exakt jetzt sind wir beim Knackpunkt, der die Frage beantwortet, warum wir nicht mehr JWCs auf unseren Straßen sehen: 35.950 Euro in der Grundausstattung sind eine ziemliche Herausforderung für den Banker unseres Vertrauens. Damit haben wir aber noch keine Annehmlichkeiten, die anderswo serienmäßig sind, wie z. B. Navi (plus 1.400 Euro) oder Sitzheizung (plus 290 Euro). Von der Top-Variante „Chilli“ mit so netten Kleinigkeiten wie Xenon-Scheinwerfer und Leder-Interieur (plus 2.500 Euro) reden wir dabei gar nicht. Drücken wir es ganz banal aus: Besonderes zu haben war schon immer etwas teurer. Deshalb sollte man vielleicht auch bei geringer Aussicht auf Erfolg das Gespräch mit dem Herrn der Zahlen suchen.  

Wer war John Cooper? Die letzten Zeilen sollen dem gehören, mit dem die Erfolgsstory des Ur-Mini ihren Höhepunkt erreichte. Dass John Cooper etwas von schnellen Autos verstand, hatte er mit der Konstruktion seiner Formel 1-Boliden hinreichend bewiesen. Cooper war der erste, der den Motor hinter dem Fahrer plazierte. Jack Brabham wurde auf einem Cooper Doppelweltmeister 1959 und 1960, auch Sterling Moss, Bruce McLaren und Jochen Rindt fuhren für den Mann, der seinen Rennstall 1965 verkaufte. Sein Genie zeigte John Cooper da schon in der Rallyeszene. Zwischen 1964 und 1967 gewannen BMC Mini Cooper S viermal in Folge die legendäre Rallye Monte Carlo. Einmal, 1966, wurde der Sieg am grünen Tisch gestohlen: Disqualifikation wegen falscher Glühbirnen in den Scheinwerfern. Der letzte, der mit einem Mini bei der Monte 1967 Kreise um die vielfach PS-stärkere Konkurrenz Kreise fuhr, war Rauno Aaltonen, der „fliegende Finne“. Auch heute noch, im zarten Alter von 75 Jahren, lässt Rauno bei einem Mini-Event hin und wieder die Kuh, ääh den Mini natürlich, fliegen.    

Fakten, Daten und Zahlen gefällig?Mini Paceman JCW: Motor 4-Zylinder Turbo, Hubraum 1.598 ccm, Leistung 160 kW (218 PS) bei 6.000 U/min., Max. Drehmoment 280 Nm bei 1.900 U/min., Allradantrieb, 6-Gang-Getriebe, Kofferraum 330-1.080 l, Tank 47 l, 0-100 km/h 6,9 Sek., Höchstgeschwindigkeit 226 km/h, Verbrauch ca. 8 l/100 km. Preis: 35.950 Euro.