Porsche Cayman S: Gut aussehender Kurvenkünstler sucht Spaßpilot

Hat es schon mal jemand geschafft, ein am Boden kauerndes Krokodil umzudrehen? Kommt wohl eher selten vor. Vermutlich deshalb hat die Kreativabteilung bei Porsche den Cayman nach der gleichnamigen Reptilienart benannt.

von Markus Boden

Bei der inzwischen dritten Generation des Asphalttiers müssen schon die Gesetze der Erdanziehung außer Kraft gesetzt werden, ehe die Botanik grüßt. Ein sensationelles Fahrwerk ist verantwortlich dafür, dass alle vier Räder am Asphalt kleben wie die Fliegen an seinen Scheinwerfern. Umzuwerfen ist der Cayman S kaum. Aber er ist ein umwerfend cooler und gut aussehender Mittelmotor-Sportler.

Taugt der Vergleich mit dem Elfer? Was einige Autotester in ihrer ersten Euphorie über das rasende Krokodil in Worte zu fassen versuchten, grenzte fast schon an Blasphemie. Die Schlagzeile „Wer braucht jetzt noch den 911er?“ stand stellvertretend für den untauglichen Versuch, den rund 25.000 Euro teureren Porsche aller Porsches überflüssig erscheinen zu lassen. Heiligs Blechle! Die schwäbischen Marketingstrategen in Zuffenhausen sollen dem Vernehmen nach vor Begeisterung einen Guiness-Rekordversuch im gegenseitigen Schenkelklopfen unternommen haben. Strategie aufgegangen! Mehr kostenlose Werbung für die Positionierung des neuen Roadrunners ging kaum. Zu Lasten des Elfers? Iwo. An diesem Mythos kratzt keiner aus der Porsche-Familie. Da kann er so gut sein, wie er will.

Wie gut ist der Cayman S? Um es mit dem überstrapazierten Begriff unserer Fußball-Weltmeister auszudrücken: Überragend! Was nervt, sind nur die einbremsenden Tempolimits, wie bei unserem Ausflug ins Hinterland von Nizza. Eine grandiose Aneinanderreihung von Kurven schlängelte sich viele Kilometer lang an einem Bergmassiv entlang. Eine wunderbare Einladung an einen Sportwagen, seine Fähigkeiten zu demonstrieren. Was der Kurvenkünstler aus Zuffenhausen auch eindrucksvoll tat. Mit jederzeit abrufbarer Power nahm das Triebwerk die vielen Ecken in Angriff, die elektronische Lenkung gab die exakte Richtung vor, und das Fahrwerk war dazu geeignet, einem Tränen der Freude in die Augen zu treiben. Wie es die Ingenieurkoryphäen aus dem Porsche-Entwicklungszentrum in Weissach geschafft haben, der Mittelmotor-Flunder ihren Drang nach unkalkulierbarer Verselbstständigung in Grenzsituationen auszutreiben, gehört zu den Wundern der automobilen Welt. Aber als die reifen- und herzerwärmende Hatz an einem Hochplateau endete, standen dort zwei ziemlich ernst dreinblickende Gendarmen neben ihren Motorrädern. Mit Sicherheit hatten sie noch keinen fliegenden Cayman gesehen. Vermutlich hatten wir es diesem beeindruckenden Umstand zu verdanken, dass unser Spaßmobil nicht auf der Stelle konfisziert wurde. Und weil wir uns vehement weigerten, eine uns fremde Sprache zu sprechen (unser Schulfranzösisch hätte niemals ausgereicht, die Situation zu erklären), kassierten wir neben einem kräftigen Anschiss die unmissverständliche Zeichensprache zweier übereinander liegender Handgelenke. Mon Dieu!

Horch, was röhrt von draußen rein? Für Soundliebhaber von Triebwerken sind es himmlische Klänge, die an die Ohren dringen. Befeuert von 325 PS faucht, brabbelt, röhrt, jubelt und spuckt der Cayman S ganz große Töne. Dabei hält die Leistung in allen Situationen eines Autofahrerlebens, was die doppelten Endrohre versprechen. Der Vortrieb stimmt den Sportsfreund hochzufrieden, das Drehzahlband ist elastisch wie ein Gummiseil, die Power mit jedem Druck aufs Gaspedal sofort abrufbar. Das geht soweit, dass der Cayman auch noch bei 50 km/h im sechsten Gang klaglos und zügig beschleunigt, weshalb er auch mit Stadtrundfahrten keine Probleme hat. Außerhalb ohnehin nicht. Wer dort die Optionen Sport oder Sport plus drückt, spürt als Rückmeldung sofort, wie das bissige Reptil die Muskeln spannt. Das Fahrwerk strafft sich, die Lenkung wird direkter, das Ansprechverhalten aggressiver. Bei einem idealen Leistungsgewicht von nur um die fünf Kilogramm pro Pferdestärke wirkt sich das auch bei Vollgas aus - erst bei exakt 283 km/h ist Schluss.

Raum ist in der kleinsten Hütte? Naja. Irgendwo müssen Kompromisse gemacht werden. Bei einem kompakten Kraftpaket wie dem Cayman S ist nicht viel mehr Stauraum als der fürs Wochenend-Gepäck. Immerhin reichen die 425 Liter allemal für die Mitnahme der Kreditkarte, und als Ausgleich sitzt man in den wie maßgeschneiderten Sportsitzen ziemlich komfortabel. Das gilt selbst für Zeitgenossen, die erst knapp unterhalb der zwei Meter beschlossen haben, nicht mehr zu wachsen.

Für wen ist der Cayman S gemacht? In Stuttgart-Zuffenhausen gilt ein ungeschriebenes Gesetz mit Suchtpotential: Einmal Porsche - immer Porsche. Der Cayman S gilt - wie auch der Boxster - als Einstiegsdroge für PS- und Qualitäts-Junkies. So schwer es dem armen Schreiber fiel, das geile Teil wieder dem rechtmäßigen Besitzer zu überlassen, so hart tut sich ein Porschebesitzer, die Marke zu wechseln. Und dabei reden wir nicht von den Grenzgängern, die nicht auf vier Rädern, sondern auf vier Wechseln unterwegs sind. Aber eine gute Fahrt all denen, die etwas auf der hohen Kante haben oder zumindest einen großzügigen Banker kennen.

Fakten, Daten und Zahlen gefällig? Porsche Cayman S: Motor 6-Zylinder-Boxer Mittelmotor, Hubraum 3.436 ccm, Leistung 239 kW (325 PS) bei 7.400 U/min., Max. Drehmoment 370 Nm bei 4.500-5.800 U/min., 6-Gang-Schaltgetriebe, Stauraum 425 l, Tank 64 l, 0-100 km/h 5,0 Sek., Höchstgeschwindigkeit 283 km/h, Verbrauch ca. 10 l/100 km. Preis: ab 64.118 Euro.

(Fotos: Porsche PR-Bildmaterial)