Der neue Deutschland

Verwegen sieht er aus, dieser Kerl mit dem Namen Joachim Deutschland. Nicht nur wegen der endlosen Rasta-Matte auf dem markanten Schädel, den der Anfang-Dreißiger aus Schorndorf bei Stuttgart mit dem deutschen Vater und der afroamerikanischen Mutter - beides Musiker - sein eigen nennt.

Nein, das Verwegenste an Joachim Deutschland ist sein Lächeln, irgendwo angesiedelt zwischen Spott, unerschütterlichem Selbstbewusstsein und Weisheit. So einer wie Joachim braucht dieses Lächeln zwingend, denn so einer wie er polarisiert mit seiner Arbeit. Bereits nach dem Debütalbum “Musik wegen Frauen” samt Hit-Single “Marie” aus dem Jahr 2003 warf man ihm von Arroganz über Sexismus bis hin zu Größenwahn ziemlich alles vor, was der deutsche Wortschatz an charakterlichen Negativeigenschaften anzubieten hat. Tatsächlich finden sich auf der Scheibe Texte, die zwischen rüdem Machismo und intelligenter, einfühlsamer Nabelschau klaffen. Vor allem aber findet sich darauf eine unwiderstehliche Mischung aus kernigem Rock, scharfkantigem HipHop, wild wucherndem Crossover, gepaart mit Texten, die in erster Linie für eines stehen: Authentizität. 

Seit 29. März gibt es nun seine Single “Schiess Nicht”, Vorbote des dritten Albums “Der Neue Deutschland”, das ab 12. April im Handel erhältlich ist. Zum Song meint Deutschland: Auch wenn der Song SCHIESS NICHT der jüngste Song auf dem Album ist, ist es ein Thema das mich mein ganzes Leben lang schon verfolgt. Ich bin mit 19 - 20 Jahren in die US Armee eingetreten und habe Sachen miterlebt, die wünsche ich meinen schlimmsten Feinden nicht. Tränengas - Übungen usw. Da hat man mir eben auch erzählt, dass es mittlerweile Flugzeuge gibt, da drückt der Pilot einfach auf einen Knopf und dann wird eine Fläche, in der Größe eines American Football Felds durchlöchert und keiner hat eigentlich eine Chance. Dieses romantische Image, das man von Krieg hat, Mann gegen Mann und Gut gegen Böse, das ist alles Schwachsinn. Es geht nur darum, Menschen umzubringen und Territorien zu erobern. Man hat das Gefühl als Normal - Sterblicher, als Wähler oder als Bürger, dass man gar nichts machen kann. Dass man mit seinem Votum, mit seiner Stimme für die Politik, ob man diese Partei, oder die andere Partei wählt, nichts gegen diesen Krieg tun kann. Ich wollte einen Song schreiben, der als Appell an die Soldaten gilt. Nicht die Menschen, die eh gegen den Krieg sind, sondern die Leute, die dafür trainieren und im Prinzip in den Krieg ziehen wollen - dass da vielleicht noch ein bisschen Menschlichkeit übrig ist, die denen sagt: ,,Hey ich zieh’ jetzt nicht, ich drück’ jetzt nicht ab, ich bringe diese Person jetzt nicht um - ich tue es nicht, ich SCHIESS NICHT.“ 

Das Video dazu ist wirklich nicht von schlechten Eltern. Seht selbst:

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